Berufliche Fortbildungen sind eine lohnenswerte Investition in die eigene Karriere. Allerdings sind sie oftmals mit einem nicht unerheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden. Wenn Sie mitten im Berufsleben stecken, fragen Sie sich vermutlich, wie Sie die gewünschte Fortbildung mit Ihren beruflichen Verpflichtungen unter einen Hut bringen können. Wir zeigen Ihnen hier, wie es mit einem Sonderurlaub zur Fortbildung klappen kann.
Was bedeutet Sonderurlaub?
Zunächst einmal steht Sonderurlaub nicht in direktem Zusammenhang mit einer Fort- oder Weiterbildung. Denn unter Sonderurlaub versteht man die vorübergehend bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Tätigkeit. Der rechtliche Anspruch ist in § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt.
Damit dieser Anspruch gültig ist, müssen jedoch drei Bedingungen erfüllt sein:
- Die Dauer der Verhinderung darf nicht erheblich sein.
Es dürfen maximal fünf Tage in Anspruch genommen werden, je nach Situation sind auch nur wenige Stunden angemessen. - Der Grund muss in der Person des Arbeitnehmers liegen.
Äußere Umstände wie ein Stau oder eine Naturkatastrophe gehören normalerweise nicht dazu. Es sei denn der Arbeitnehmer ist zum Beispiel durch eine Überflutung des eigenen Hauses direkt betroffen. - Die Situation darf nicht selbst verschuldet sein.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Sonderurlaub beantragt und genehmigt werden muss. Es liegt in der Aufgabe des Arbeitnehmers, den Arbeitsausfall möglichst zu vermeiden.
Typische Beispiele für bezahlten Sonderurlaub sind:
- Geburt eines Kindes
- Eigene Hochzeit
- Todesfall im engen Familienkreis
- Schwere Erkrankung eines Angehörigen
Neben diesen Beispielen gibt es noch weitere Möglichkeiten, um erfolgreich bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaub beim Arbeitgeber zu beantragen, zum Beispiel eine Freistellung zur Stellensuche nach Kündigung oder Freistellung aus religiösen Gründen.
Sonderurlaub zur Fortbildung ist hingegen nicht gesetzlich geregelt. Dieser kann jedoch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell vereinbart werden. Alternativ gibt es die Möglichkeit, Bildungsurlaub zu beantragen.
Bildungsurlaub oder Sonderurlaub für die Fortbildung?
Bevor Sie bei Ihrem Arbeitgeber einen Antrag auf Sonderurlaub für eine Fortbildung einreichen, sollten Sie prüfen, ob Sie Anspruch auf Bildungsurlaub haben. Die gesetzliche Grundlage für den Anspruch auf Bildungsurlaub ist leider nicht bundeseinheitlich geregelt, sondern von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Entscheidend ist dabei das Bundesland, in dem Sie arbeiten und nicht Ihr Wohnort. Ausführliche Informationen zum Bildungsurlaub finden Sie in unserem Artikel.
Grundsätzlich gilt für Bildungsurlaub in den meisten Bundesländern:
- Arbeitnehmer haben Anspruch auf zusätzlichen, bezahlten Urlaub zur Fortbildung.
- Es werden fünf Tage pro Jahr oder zehn Tage pro zwei Jahre gewährt.
- Die Weiterbildungsmaßnahme muss vom Land als solche anerkannt sein.
- Die Frist für die Antragsstellung beträgt vier oder sechs Monate.
- Der Antrag muss vor Beginn der Fortbildung gewährt worden sein.
- Der Arbeitnehmer muss seit mindestens sechs Monaten im Betrieb tätig sein.
Schon gewusst?
Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist im Bildungsurlaubsgesetz des jeweiligen Bundeslandes geregelt. Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen haben noch kein Bildungsurlaubsgesetz verabschiedet.
Sonderurlaub zur Fortbildung individuell vereinbaren
Da es keine gesetzliche Regelung bezüglich Sonderurlaub für Fortbildungen gibt, müssen alle Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuell getroffen werden. In manchen Fällen ist der Anspruch auf Sonderurlaub bei Fortbildung im Arbeitsvertrag oder über Tarifverträge geregelt. In diesen kann der Sonderurlaub für Fortbildungen jedoch ebenso gut ausgeschlossen sein. Daher ist es empfehlenswert, die für Sie entscheidenden Verträge vor Antragsstellung dahingehend zu prüfen.
Sollte es keine anderweitige Regelung zum Sonderurlaub bei Fortbildung geben, kann eine individuelle Vereinbarung getroffen werden. Diese sollte immer schriftlich festgehalten werden. Der Sonderurlaub kann entweder mit oder ohne Lohnfortzahlung stattfinden.
Bezahlter Sonderurlaub für die Fortbildung
Eine Möglichkeit zur Weiterbildung ist die individuelle Vereinbarung eines bezahlten Sonderurlaubs zur Fortbildung. Wenn die Fortbildung dem Unternehmen nutzt, haben in der Regel beide Seiten Interesse an der Weiterbildung. Übernimmt der Arbeitnehmer eigenständig die Kosten der Fortbildung, ist es durchaus möglich, dass er unter Fortzahlung des Lohns für die Zeit der Fortbildung von der Arbeit freigestellt wird. Je höher der Nutzen der Fortbildung für das Unternehmen ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Ihr Arbeitgeber auf den Sonderurlaub einlässt.
Unbezahlter Sonderurlaub für die Fortbildung
Wenn es mit dem bezahlten Sonderurlaub nicht klappt, können Sie immer noch versuchen, unbezahlten Sonderurlaub zu beantragen. Sie werden dann für die Zeit der Fortbildung von der Arbeit freigestellt, ohne jedoch Ihren regulären Lohn zu erhalten. Wenn Ihre finanzielle Situation es erlaubt, kann dies eine durchaus sinnvolle Alternative sein. Insbesondere, wenn die Fortbildung einen Beitrag zum Aufstieg in eine höhere Gehaltsklasse leistet.
Sonderurlaub für Fortbildungen: Tipps und Hinweise
Sprechen Sie am besten frühzeitig mit Ihrem Chef oder Ihrem Vorgesetzten über Ihren Weiterbildungswunsch. In vielen Fällen ist es möglich, für alle Seiten eine Lösung oder zumindest einen annehmbaren Kompromiss zu finden. Zeigen Sie Bereitschaft selbst Zeit zu investieren, indem Sie beispielsweise verdeutlichen, dass Sie die Wochenenden oder einen Teil Ihres Jahresurlaubs für die Weiterbildung einsetzen werden.
Darüber hinaus ergibt es Sinn, den Zeitpunkt Ihres Sonderurlaubs mit den Belangen des Unternehmens abzustimmen. Während der Ferienzeit oder je nach Branche während des Weihnachtsgeschäfts, stehen die Chancen auf einen Sonderurlaub sicherlich schlechter als zu Zeiten, in denen branchentypisch nicht so viel zu tun ist.
Expertentipp
Bleiben Sie im Gespräch mit Ihrem Chef oder Vorgesetzten flexibel und zeigen Sie, dass Sie sich auch über die Bedürfnisse des Unternehmens Gedanken gemacht haben. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen keinen Sonderurlaub gewähren, aber er wird es sehr wahrscheinlich tun, wenn es aus seiner Sicht sinnvoll ist.
Für die Fortbildung Urlaubstage nutzen
Ihr Arbeitgeber ist nicht bereit oder in der Lage, Ihrem Antrag auf Sonderurlaub zur Fortbildung stattzugeben? In diesem Fall bleibt Ihnen immer noch die Möglichkeit für die Fortbildung Ihre Urlaubstage zu nutzen. Diese Lösung ist allerdings nicht ideal, da Ihr Jahresurlaub Ihrer Erholung dienen sollte. Im Einzelfall gilt es daher immer abzuwägen, wie wichtig die Fortbildung für Ihre berufliche Karriere und Ihr Vorankommen ist.
Unter Umständen ist der Wechsel zu einem Arbeitgeber, der mehr Wert auf die Weiterbildung seiner Mitarbeiter legt, langfristig die bessere Lösung.
Kurz und knapp: Sonderurlaub zur Fortbildung
Einen Anspruch auf bezahlten oder unbezahlten Sonderurlaub zur Fortbildung gibt es nicht. Sie haben jedoch die Möglichkeit mit Ihrem Arbeitgeber eine individuelle Regelung zu vereinbaren. Alternativ kommen Bildungsurlaub oder die Nutzung des Jahresurlaubs infrage.